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Sachverständigenbericht von Dipl.-Ing. Manfred Heinlein, Architekt, ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, D-Bamberg

Sie wissen ja wohl alle, wo Pilze am besten wachsen und wo diese gezüchtet werden. Meist sind es eher die schattigen Plätze, manchmal auch die dunklen. Also dort, wo selten jemand nachschaut. Da, wo also alles so richtig ungestört in feucht-warmer Umgebung vor sich hinwachsen kann. Wer beispielsweise alte Gewölbekeller oder dergleichen sein Eigen nennt, kann mit einer Schwammerl- (für Nicht-Bayern: Pilz-) zucht, so richtig Geld verdienen. Andere kann so eine – unfreiwillige – Zucht dagegen Geld kosten. Der Auftrag einer Versicherungsgesellschaft lautete, ich möge mir doch einen Wasserschaden anschauen. Das sah für mich nach „Bauen ist eben ein Kampf gegen das Wasser“ aus. Kein großes Problem also. Dies sollte sich aber als eine zu voreilige Annahme herausstellen.

  • Ergebnisse des Ortstermins

Das wassergeschädigte Gebäude wurde so um die 20er Jahre herum erbaut. Holzbalkendecken, massive Wände, z.T. Fachwerk. Liegt alles recht idyllisch, zentrumsnah und doch von Natur umgeben. Das dachte sich der Erwerber auch, als er das Kleinod vor 2 Jahren erwarb. Dass er einen guten Bekannten zu der Erstbesichtigung mitnahm, der seines Zeichen Architekt und freier Sachverständiger ist, gibt dem Ganzen eine pikante Note. Denn auf dessen Urteil hin, hier sei alles bestens, hat er letztendlich beim Notar unterschrieben.

Im Wohnzimmer im Erdgeschoss zeigte mir der Geschädigte braune Flecken an der Decke. Immer noch kein Problem, dachte ich. Der „Große-Augen-Effekt“ kam in dem darüber liegendem Badezimmer. Das Duschbad wurde vor ca. 7 Jahren eingebaut. Es sah wahrscheinlich auch mal recht ansehnlich und verkaufsfördernd aus, mit den weiß gefliesten Wänden, der weißen Eckduschwanne, den weißen elasotplastischen Fügchen. Sah mal, denn mich empfing ein wildes Konglomerat aus herausgerissenen Baustoffen und der nur noch fragmentweise vorhandenen Duschwanne.  Auf dem Rand der Duschwanne sind noch die untauglichen Versuche zu sehen, eine Andichtung an die Wände, mit elastoplastischen Fugenmassen herzustellen. Der Auslöser des Aha-Effektes lag rechts hinten: Der Deckenbalken und das Schwellholz der Holzständerwand, die unmittelbar an der Duschwanne bzw. in der Nähe gelegen haben müssen.  Abdichtung? Fehlanzeige! Die technisch versierten Leser/innen unter Ihnen werden sofort die Dunkelfärbung (im Farbdruck wäre dies braun) des Holzes und die immer wieder versetzt und quer zur Holzfaser verlaufenden Risse erkennen, die das Holz in kubische Würfel einteilen.

  • Worst-Case-Fall

Die Holzfachleute unter Ihnen werden sofort wissen, was das bedeutet: Hier ist der Worst-Case-Fall eingetreten, es hat sich der Echte Hausschwamm eingenistet und ausgebreitet. Einer der schlimmsten Holzzerstörer und in manchen Bundesländer sogar noch meldepflichtig. Sofort erkennbar an der charakteristischen Braunfäule (Destruktionsfäule). Der Echte Hausschwamm hat sich auf den Abbau von Zellulose spezialisiert. Übrig bleibt das Lignin, dass für das dunkle bis leuchtend braune Aussehen verantwortlich ist. Da der „Kleber“ des Holzes, die Zellulose, nun nicht mehr vorhanden ist, entstehen in Folge an der Holzoberfläche diese vorbeschriebenen kubischen Würfel, meist mit 2 cm Kantenlänge. Nimmt man Teile davon in die Hand, zerfallen diese – fast zu Staub. Von den ursprünglichen Schwere des Holzes ist ebenfalls nicht mehr zu spüren.

  • Feucht, warm, dunkel, zugfei…..

…sind die bevorzugten Lebensreviere des Echten Hausschwamms, da er sehr auf Luftzug reagiert. Am besten entwickelt er sich z.B. hinter Wandverkleidungen, in Zwischendecken und hinter Einbauteilen wie „Duschwannen“, die ihm über undichte Fugen die notwendige Feuchte zur Verfügung stellen. Ein akuter Befall kann deshalb oft sehr lange unbedeckt bleiben. Der Echte Hausschwamm benötigt nur zu Beginn seines Wachstums eine höhere Holzfeuchtigkeit von ca. 30% bis 49%. Minimum 17% bis 20%. Maximum 90%.

Und wenn Sie jetzt denken, der Hausschwamm beschränke sich nur auf Holz, so liegen sie falsch.

Er breitet sich auch über feucht bleibende Mörtelfugen im Mauerwerk aus. Der hiesige Schadensumfang? Zumeist der Deckenbalken und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die angerenzenden Holzbauteile müssen ausgewechselt werden. Möglicherweise auch noch das befeuchtete Mauerwerk. Also wirklich Worst-Case! Den genauen Umfang der notwendigen Maßnahme habe ich einem Sonderfachmann überlassen, hierfür war mein Fachwissen nicht speziell genug.

  • Entstehungszeitpunkt oder –raum?

Klar, dass mein Auftraggeber das von mir wissen wollte, denn schließlich entscheidet er dann über seine Eintrittspflicht, also letztendlich über viel Geld. Ich nehme das Ergebnis mal vorweg: Der Entstehungszeitpunkt oder auch –raum lässt sich nicht exakt bestimmen, was sogar erstrangige Fachleute der Hochschule in Salzburg bestätigen. Dies hat folgenden Hintergrund: Als Startschuss für sein Wachstum braucht der Pilz die vorbeschriebene erhöhte Feuchtigkeit – also über die undichte Fuge und die fehlende Abdichtung. Danach nicht mehr unbedingt. Denn alle Pilze erzeugen bei ihrem Stoffwechselprozess Wasser. Beim Abbau der Zellulose werden Wasser und Kohlendioxid frei. Sie schaffen sich so einen Teil der benötigten Feuchte selbst. Und bei idealen Umgebungsbedienungen wächst der Echte Hausschwamm zwischen 1,5 und 9 mm pro Tag! Auch Trockenphasen übersteht der Pilz bis zu einem Jahr. Wie soll man jetzt bei derartig vielen Unklarheiten den Entstehungszeitraum bestimmen können?

Die pikante Note

Sie erinnern sich an Michael Probst´s und meinen Artikel in der IBR 8/2007? Über das leidige Thema Nassraumabdichtung, ja oder nein und wie? Diese Betrachtung bringt uns nicht weiter, denn hier ist eine Immobilie gekauft worden, ohne jedwede Sachmängelhaftung (wie es so schön in den Notarverträgen zu stehen pflegt). Aber der Kollege war ja im Rahmen eines, wenn auch vielleicht nur mündlichen vereinbarten Werkvertrags, tätig. Vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich seines konkreten Leistungsumfangs- mit Sicherheit Fehlanzeige. Über die möglichen Folgen für den Kollegen mögen sich die Juristen Gedanken machen. Aber liebe Kollegen/innen von der sachverständigen Seite: Wenn man als technischer Kaufberater in so ein nachträglich eingebautes Bad kommt und dann noch Holbauteile in relevanter Nähe zu möglichen Nässequellen sieht, muss man sich die Frage stellen, ob denn alles dauerhaft funktionsfähig abgedichtet ist. Ohne Bauteilöffnungen bekommt man das aber nicht in Erfahrung. Ein schriftlicher Hinweis an den Kaufinteressenten wäre es mir allemal wert, dass hier möglicherweise etwas im Verborgenen blühen könnte, von dem ich ohne Bauteilöffnung nicht weiß, was Sache ist. Dipl.-Ing. Manfred Heinlein, Architekt, ö.b.u.v. Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, D-Bamberg; PDF-Downloadmöglichkeit; der Artikel wurde auch in der Fachzeitschrift IBR-online.de veröffentlicht.

Deckendämmung vom weissen Hausschwamm befallen; Bildquelle: Artikel – Leichter Wassereintritt und Hausschwamm – vom Bausachverständigen Günther Nussbaum-Sekora
Völliger Festigkeitsverlust -Würfelbruch; Bildquelle: Artikel –  Leichter Wassereintritt und Hausschwamm – vom Bausachverständigen Günther Nussbaum-Sekora

2 comments

  1. Tipp aus der Praxis: Wenn der erste Fruchtkörper des Hausschwamms sichtbar ist, liegt der Wachstumsbeginn zu 90 % 2 Jahre zurück, also muss vor ca. 2 Jahren etwas verändert worden sein, was zum Keimen der Hausschwammsporen geführt hat.
    Übrigens, Braunfäule und würfelförmigen Bruch verursachen 95 % der im Gebäude vorkommenden Pilze, nicht nur der Hausschwamm. Die Logik: Braunfäule und/oder würfelförmiger Bruch = Hausschwamm stimmt somit nicht.
    Bei Leckageschäden kommt der Echte Hausschwamm eher selten vor, er mag nicht soviel Wasser, er kann sogar „ertrinken“.

  2. Vorsicht mit Hausschwamm und Leitungswasserschäden. In den Leitungswasser-Versicherungen werden Schäden durch Hausschwamm ausgeschlossen (das Kleingedruckte lesen). Daher sollte ein Mykologe prüfen, ob es denn wirklich auch Hausschwamm ist. Ansonsten besteht kein Versicherungsschutz in der BRD.
    Hier ist in den Fotonachweisen der „Weiße Hausschwamm“ aufgeführt. Den gibt es nicht. Weitere Infos sind bei http://www.hausschwamminfo.de zu finden. Auch Vorsicht mit dem Würfelbruch und Braunfäule. Alle Zellulosezerstörer verursachen Braunfäule und Würfelbruch, der Hausschwamm mit seinen 5 Arten ist nur eine Spezies davon.
    Anmerkung aus der Praxis:
    Würfelbruch, Kantenlänge 4 – 6 cm, Hinweis auf Porenschwamm und Hausschwamm, Holz eher hellbraun, Verdacht auf Hausschwamm
    Würfelbruch mit 2 – 4 cm Kantenlänge, Hinweis auf Kellerschwämme und Blättlinge sowie viele andere Sorten, Holz meist dunkelbraun., Würfelbruch nur im Holz, dann Blättlinge, nur an der Oberfläche ist alles möglich
    Würfelbruch <1 cm ist ein Hinweis auf Moderfäule, Holz ist fast schwarz gefärbt.

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