GEPRÜFTE BAUSTELLEN IM JAHR
     

Holzschutz –  Die Qualität des Holzbaus geht bei Nebenkonstruktionen wie
Carports und Vordächern immer mehr zurück!

Mangelndes Wissen über Normen und Schutzklassen führt zu rascher Vermorschung und Bruch.
Es ist nicht so, dass früher alles besser gewesen wäre. Aber im Bereich des „kleinen“ Holzbaus kann man sich dieses Eindruckes nicht erwehren. Was vor nicht allzu langer Zeit fast immer problemlos vom „echten“ HolzbauMeister gebaut wurde, neigt heute immer öfter zur frühzeitigen Vermorschung und Fäulnis. Speziell Nebenkonstruktionen wie Vordächer und Carports werden nicht mehr vom „Meisterbetrieb“ aufgestellt, sondern werden von Nicht-Fachbetrieben so nebenher zusammengezimmert. Die Arbeiten entsprechen dabei nicht den Vorgaben für einen konstruktiven Holzschutz. In Extremfällen werden vor bodentiefe Fenster („französischer Balkon“) fehlerhaft konstruierte Absturzsicherungen aus Holz montiert. Die Missachtung der Holzschutznormen führt rasch zum Bruch der Absturzsicherung.

  • „Meisterbrief“ wird abgeschafft

In den „länderspezifischen Empfehlungen“ bezeichnet Brüssel den Meisterbrief ausdrücklich als 2 ungerechtfertigte Beschränkung“ der freien Berufsausübung. Schon 2004 wurde bei mehr als 50 Berufen die Meisterpflicht abgeschafft. Bald soll sie gänzlich entfallen. Die Konsequenz: Es kommt zu einer Flut an Einmannbetrieben, die einen erbitterten Preiskampf ausfechten. Regeln und Normen kennt der „Chef“ gar nicht mehr. Man kann durchaus von einem „Wettbewerb der Pfuscher“ sprechen. Auch der Verbraucherschutz bleibt schlussendlich auf der Strecke. „Normen“ verlieren an Durchsetzungskraft.
Wer so denkt, sollte gleich auch die Normen und Richtlinien abschaffen. Ein Holzbaumeister, der nach geltenden Normen und Richtlinien anbietet, hat in einer Ausschreibung nahezu keine Chancen mehr. Das Gewerbe schafft sich selbst ab. Wer die neue – und wichtige – Holzschutznorm DIN 68800 in seiner Kalkulation berücksichtigt, muss zwangsläufig teurer sein. Für Bauträger oder private Kunden ist dieser Unterschied in der Qualität in den Anboten kaum nachzuvollziehen. Sie haben keine Chance, zwischen den Angeboten zu differenzieren.

  • Das Fest der Pilze

Schon in der ÖNORM B4100-2 (Holzbauwerke – Holztragwerke) von 2004 wurde auf den konstruktiven Holzschutz verwiesen: Sie besagt, dass gefährdete Flächen, zumal sie unzugänglich sind, von Anschlüssen und Stößen sowie die Berührungsflächen zusammengesetzter Bauteile „nach den Regeln des konstruktiven Holzschutzes“ auszuführen sind. Die DIN 68800 wurde von unserem deutschen Nachbarn soeben neu herausgegeben. Die ÖNORM B3802 wird aktuell ebenfalls überarbeitet. Hier wäre es aber begrüßenswert, statt einer weiteren Gewerbeliberalisierung die Normen zu „europäisieren“. Denn unnötig viele nationale Normen sorgen für Verwirrung und Rechtsunsicherheiten. Wenn Normen nicht verständlich formuliert werden, kommt deren Inhalt nicht auf der Baustelle an. Beispielsweise führt die neue DIN zur Notwendigkeit der Überarbeitung der deutschen Fachregeln von 2012…

  • Normenklassen

In der Normung wird im Wesentlichen zwischen Nutzungs,- Dauerhaftigkeits- und Gebrauchsklassen sowie der Gebrauchsdauer unterschieden. Die Dauerhaftigkeitsklasse beschreibt die Klassifikation, die die Widerstandsfähigkeit von Holz gegen eine Zerstörung durch holzzerstörende Organismen beschreibt. Die Gebrauchsklasse (engl. use class) wurde aus der internationalen Normung (ISO 21887:2007) übernommen und dient zur Einstufung des Einsatzbereiches in Bezug auf einen allenfalls erforderlichen Schutz gegen Holzschädlinge. Die Gebrauchsklasse ersetzt die Gefährdungsklasse und darf nicht mit den Nutzungsklassen verwechselt werden. Nutzungsklassen dienen der Bemessung von Holzbauteilen.

  • Nutzungsklassen

In der Nutzungsklasse 1 (NK 1) darf bei 20° Außentemperatur eine relative Luftfeuchte von 65 % nur für einige Wochen überschritten werden. Anwendungsbeispiele sind ganz ummanteltes Holz in beheizten Bauwerken. Bei NK 2 dürfen 85 % nicht dauerhaft überschritten werden, hier sind als Beispiel überdachte offene Bauwerke zu nennen. Dabei dürfen 20 % Holzfeuchte nicht überschritten werden. ÖNORM B2215 ist da strenger und fordert maximal 18 % Holzfeuchte – und dies meiner Meinung nach zu Recht, da ab 20 % Pilzwachstum im Holz möglich wird. In der NK 3 sind Klimabedingungen angegeben, die zu höheren Feuchten führen können. Und das ist bei Konstruktionen der Fall, die einer freien Bewitterung ausgesetzt sind.

  • Gebrauchsklassen

Jeder Holzart wird auch eine Gebrauchsklasse zugeordnet. Bei Holzarten der GK 1 bis 3.2 sind jeweils zwingend bauliche Maßnahmen oder/und Holzschutzmittel vorzusehen. Nur ein Bauteil, das nicht frei bewittert ist, nie feucht und nicht durch Insekten gefährdet wird, ist der GK 0 zuzuordnen. Ist eine Insektengefährdung wie bspw. durch den Spalt zwischen den im Bild gezeigten Pfetten nicht vermeidbar, wäre schon der GK 1 zuzuordnen. Die Abbildungen zeigen Bauteile, die durch die freie Bewitterung und eine mögliche Wasseransammlung bereits der GK 3.2 zuzuordnen wären. Ohne chemischen Holzschutz ginge das allenfalls noch mit dem Kernholz der Eiche. Unbehandelte Nadelhölzer wären da nicht mehr zulässig. Die im Bild gezeigte, unsachgemäß auf die Betonmauer gestellte Stuhlsäule wäre schon der GK 4 zuzuordnen. Demnach wäre sogar Farbkernholz der Eiche ohne Holzschutzmaßnahmen nicht mehr zulässig!

  • Den Bauherrn instruieren

Wenn nach der Einteilung von Holzart, Gebrauchs- und Nutzungsklassen ein chemischer Holzschutz zwingend nötig wird, so ist dieser auf die Gebrauchsdauer abzustimmen. Das heißt, dass dem Gebäudeerhalter eine „Bedienungsanleitung“ für die spätere Wartung zu übergeben ist. Auch die Zuordnung selbst muss VOR Beginn der Arbeiten vorgenommen und schriftlich dokumentiert werden. Oft wird dem Eigentümer nicht einmal mitgeteilt, mit welchen Holzschutzmitteln gewartet werden muss, geschweige denn wie und wie oft. Auch daraus können Haftungsfolgen entstehen.

Autor: Bausachverständiger Günther Nussbaum
Artikel wurde im Fachmagazin – SOLID Nr. 03 | März 2014– veröffentlicht, Link zur Ursprungsquelle des Artikels