GEPRÜFTE BAUSTELLEN IM JAHR
     

Derzeit betreue ich einen im Vorjahr festgestellten Flachdachschaden. Ein paar tausend Quadratmeter Flachdach, an allen Lichtkuppeln holzzerstörender Pilzbefall. Die Ursache war eine fehlerhafte Ausführung an der Dampfbremse. Nun habe ich wieder ein ähnliches, fast baugleiches Flachdach vor mir.

Fehlerhafte Dampfbremse (Luftdichtheitsebene)

Wieder ist die Dampfbremse fehlerhaft, teilweise gar nicht vorhanden. Die Gegenseite hat einen gerichtlich zertifizierten Sachverständigen mitgenommen, der verhält sich wenig neutral, beschwichtigt jeden Mangel, beschwert sich sogar warum wir es wagen das 3 Jahre junge Flachdach zu öffnen.

Warmdach mit 2 wichtigen Funktionsschichten

Es gab an diesem Flachdach bereits 3 Sturmschäden (3 Jahre alt) und 2 Wasserschäden. Ein Warmdach wird so bezeichnet weil die Dämmung im „Warmen“, besser gesagt im Trockenen liegt. Also unter der Feuchtigkeitsabdichtung. (PVC-Foliendach) Bei einem Umkehrdach wird das umgekehrt, es liegt die Dämmung oberhalb der Abdichtung. (Und dann gibt es noch Mischformen) Ein Warmdach ist eine anfällige Konstruktionsart, da es 2 Funktionsschichten gibt welche funktionieren müssen, nämlich die Dampfbremse und die Feuchtigkeitsabdichtung. Und es kann Probleme mit der Abdichtung geben da diese ungeschützt, frei bewittert und über ungleichen Auflagen liegt. Ungleiche Auflagen deswegen da der harte Lichtkuppelkranz sofort in die weiche Dämmung überleitet. Oft „bricht“ die Abdichtung an diesen Bereichen. Bei einem Umkehrdach liegt die Abdichtungslage gut geschützt unter der Dämmlage, Wassereintritte lassen sich schneller „leckorten“. Dafür muss die Dämmung rund 20% höher dimensioniert (kaltes Regenwasser) und gegen Aufschwimmen und Windsog beschwert werden.

Beweissicherung durch Bauteilöffnungen

Der gerichtliche zertifizierte Sachverständige der „Gegenseite“ versteht unsere Wünsche zur Bauteilöffnung nicht. Was aber eher „psychologischer Kriegsführung“ zuzuordnen ist. Er würde nicht anders handeln. Im Gegenteil liegt gegenüber dem Bauherren eine Verpflichtung zur sorgfältigen Bestandsaufnahme vor, da muss das Dach geöffnet werden. Und was sich da zeigt ist unangenehme für alle Beteiligten. Die Dämmung ist mit massiven Wärmebrücken verlegt worden, die Luftdichtheitsebene mangelhaft, die Befestigung ebenso! Zur Luftdichtheitsebene zitiert der Gerichtssachverständige eine angebliche Studie eines angeblichen Professors. Die interessiert mich grundsätzlich nicht,derartige Fehler führen fast zwingend zu Bauschäden, gegenteilige Studien können eigentlich nicht existieren…

Gerichtliche Zertifizierung nur mehr in Österreich und Deutschland

Das Problem der -nur mehr österreichisch und deutschen Art der gerichtlichen- Zertifizierung ist bekannt. Es gibt de facto keinen Zwang zur Weiterbildung. Der Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen bemüht sich mit dem Bildungspass diese Situation zu verbessern. Auch der Prüfungsstoff ist theoretisch umfangreich, aber es bleibt letztendlich eine individuelle Frage. Nicht selten wird die Gerichtszertifizierung mißbraucht, besonders bei Sachverständigen welche gerne für das Versicherungswesen arbeiten. Da kommt dann ein SV der für Kalkulationen zertifiziert ist und bewertet Bauschäden. Oft steht auf der Visitenkarte „allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger“, aber nicht wofür! Herr und Frau Österreicher sind dann meist beeindruckt, bis zum Gutachten…

EXKURS: Europaweit gültige SV-Zertifizierung: IQ-Zert

Einige meiner Kunden sind europaweit mit Immobilien präsent, interessieren sich nicht für regionale Einschränkungen. Demnach bin ich bei “ IQ-Zert „, dem Institut für Qualitätssicherung und Zertifizierung“ als SV eingetragen. Hier ist es verpflichtend jedes Jahr Weiterbildungsmaßnahmen nachzuweisen und 3 Gutachten/Jahr zur Prüfung abzugeben. Meine Zertifizierung nach EN ISO/IEC 17024 gilt 5 Jahre und muss dann erneuert werden. Die Durchfallsquoten lagen bei gut 90%, 15 Tage Prüfungsvorbereitung und 1 Tag Prüfung (Gerichts-SV 2 Std.) weisen den europäischen Weg im Sachverständigen-Wesen.   In Österreich bin ich meines Wissens nach bislang der Einzige. (Bausachverständiger für Schäden an Gebäuden, die Zertifizierung zur Gebäudebewertung ist aber auch in Österreich schon verbreitet) Was verwundert ist aber das Unwissen der meisten, die Gerichts-Zertifizierung als Maß der Dinge? Sicher ein Weg, aber nicht der Einzige. Schade dass sich Mitglieder vom Gerichts-SV-Verband nur zu gerne hinter diesem „Titel“ verstecken. Das einzige was zählen sollte ist das fachliche Wissen, neutral und ohne „parteilicher Färbung“ vorgetragen. Wer Mängel produziert sollte dazu stehen, diese nicht am Rücken des Bauherren aussitzen.

Günther Nussbaum-Sekora

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