Bepflanzte Mulden in konventioneller, zweischichtiger Bauweise bieten das größte Versickerungspotenzial.
Begrünbare Anlagen zur Versickerung zeichnen sich dadurch aus, dass Regenwasser von befestigten Grundstücken dezentral über den angrenzenden, bewachsenen Boden versickert wird. Was die Pflanzenauswahl betrifft, geht die Wasserwirtschaft – unter Hinweis auf die Sportplatz-DIN 18035-4 vorzugsweise von einem rasenähnlichen Bewuchs aus. Gegenüber einer Bepflanzung mit Bodendeckern oder Hochstauden bestehen jedoch keine grundsätzlichen Bedenken. Gemessen an den Standortbedingungen und den Anforderungen einer extensiven Pflege orientiert sich die Pflanzenverwendung dann überwiegend an trockenheitsverträglichen, aber überstautoleranten Arten des Lebensbereichs Freifläche nach Sieber. Von Bäumen im Muldenbereich sollte dagegen ein Abstand eingehalten werden, der der Hälfte des möglichen Kronendurchmessers entspricht. Trotz dieser Einschränkung stellen begrünbare Versickerungseinrichtungen im Siedlungsbereich attraktiv gestaltbare Flächenreserven dar, die unbedingt einer freiraumplanerischen Behandlung bedürfen. Zumal, wie langjährige Versuche der Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim belegen, der Weg des Wassers in den Untergrund durch die Ausbildung der Vegetationsschicht und die Art ihrer Begrünung nachhaltig beeinflusst wird.
Höherer Wirkungsgrad
Unter Versuchsbedingungen verbesserte sich die Fläche durch die Bepflanzung gegenüber Rasen über einen Zeitraum von mittlerweile zehn Jahren – bei konventioneller Bauweise mit 20 Zentimeter durchlässigem Oberboden auf versickerungsfähigem Baugrund mit einem kf-Wert > 1 x 10-5 m/s – die Infiltrationsleistung deutlich. Sowohl im Alltagsbetrieb als auch bei simuliertem Dauerregen war der Wirkungsgrad bei den Stauden im Schnitt etwa um ein Drittel höher als der von Rasen. Die Ergebnisse beruhen auf jährlich wiederkehrenden Messberegnungen, die mit einer Niederschlagsintensität von 260 Liter je Hektar und Sekunde bis zum maximalen Überstau auf den Flächen ausgebracht worden waren. Gradmesser für die Beurteilung ist die im Vorfeld rechnerisch ermittelte Entwässerungssicherheit für die Bewirtschaftung eines Regenereignisses, dass sich aus den Standortgegebenheiten und dem Überstauvolumen der Mulden ableitet. Alle Mulden liegen auch im zehnten Betriebsjahr noch deutlich über der nach DWA erforderlichen Entwässerungssicherheit von n = 0,2, das heißt, sie bewältigen ein Regenereignis, das einmal in fünf Jahren (im Versuch sogar auf sechs und zwölf Jahre ausgelegt) auftritt.
Intensivere Durchwurzelung
Die Ursache für das gute Abschneiden der bepflanzten Variante liegt allem Anschein nach in der intensiveren Durchwurzelung des Baugrunds. Bedingt durch ein vergleichsweise geringes Angebot an wasserspeichernden Poren in der Oberbodenauflage werden die Pflanzen gezwungen, auch tiefer liegende Bodenschichten intensiver zu erschließen. Die Wurzelaktivität begünstigt die Kapillarität und Porosität im Untergrund, was sich positiv auf die Versickerungsleistung auswirkt. Dabei spielt es kaum eine Rolle, dass die Staudenfläche nach einigen Jahren (hier im Jahre 2005) einer Neupflanzung unterzogen wurde. Bereits im darauf folgenden Jahr waren die Leistungsunterschiede wieder deutlich ausgeprägt.
Anders sieht es bei Rasen aus. Wie Aufgrabungsergebnisse von Versickerungsmulden gezeigt haben, befindet sich mehr als 95 Prozent der Wurzelmasse erwartungsgemäß in Oberbodenschichten bis 20 Zentimeter Dicke. Bei Stauden waren dagegen artabhängig innerhalb von fünf Jahren bereits bis zu 75 Prozent der Wurzeln 40 Zentimeter tief in den Baugrund eingewachsen.
Die morphologisch und physiologisch bedingten Nachteile einer Versickerung über Rasenflächen können aber durch eine spezielle Aufbereitung der Vegetationsschicht wettgemacht werden. In Anlehnung an den bodennahen Sportplatzbau lassen sich durch den Einbau einer zusätzlichen Durchmischungszone, die zu gleichen Teilen aus Baugrund- und Oberbodenmaterial besteht, Kapillarität und Wasserführung im Bodenkörper dahingehend verbessern, dass der positive Einfluss der Bepflanzung durch die Versickerungsaktivität eines dreischichtigen Aufbaus dauerhaft überlagert wird. Die Schichtdicken müssen eine hinreichende Verzahnung gewährleisten. In aller Regel genügen 15 bis 20 Zentimeter. Im Rahmen des Bauablaufs gestaltet sich die Bodenvorbereitung wenig problematisch, da der vorhandene Oberboden im Regelfall ohnehin von allen durch den Baubetrieb gefährdeten Flächen abzutragen und eine Lockerung des Baugrunds bei der Herstellung von Vegetationsflächen vor Wiederandeckung des Bodens vorgeschrieben ist. Der dreischichtige Aufbau bietet vor allem auf kleinen Baugrundstücken Vorteile, wenn dort unabhängig von der Nutzung als Pflanz- oder Rasenfläche quasi auf dem gesamten Grundstück Versickerung betrieben werden soll.
Hohe Leistungsfähigkeit
Seit 1998 laufen an der LWG Veitshöchheim umfangreiche Forschungsaktivitäten, die die Leistung von Versickerungsmulden in Abhängigkeit von der Bepflanzung und unterschiedlich aufgebauten Vegetationsschichten dokumentieren. Allen Unkenrufen zum Trotz liegt die Leistungsfähigkeit aller begrünten Muldenvarianten von Anfang an bis heute deutlich über der vorab rechnerisch ermittelten Entwässerungssicherheit für die Bewirtschaftung des standortbezogenen Regenereignisses. Bepflanzte Mulden in konventioneller zweischichtiger Bauweise bieten über alle Betriebsjahre hinweg das größte Versickerungspotenzial. Erfreulich ist auch die Entwicklung der dreischichtigen Variante, die – allerdings ohne erkennbaren Einfluss der Vegetation – ebenfalls eine Verbesserung für die naturnahe Regenwasserbewirtschaftung mit sich bringt. Quelle und Autor: Dipl.-Ing. Jürgen Eppel, Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, Abt. Landespflege, Veitshöchheim; veröffentlicht in – Garten + Landschaft Callwey Verlag
0 comments