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Da die ökonomischen Folgen bei einem Blitzschaden erheblich sein können, sollten PV-Betreiber ihre Anlage  unbedingt versichern!

Beitrag von Frau Dipl.-Ing. Tina Ternus und Herrn Dipl.-Ing. Matthias Diehl: Es gibt zahlreiche Versicherungen, die spezielle Photovoltaikversicherungen anbieten, die Blitzschäden abdecken. Relevant für die Blitzschutzpraxis bei Photovoltaikanlagen sind folgende Aspekte:

  1. Die gültigen Normen (z.B. DIN VDE 0185-305 und DIN EN 62305)  
  2. Vorgaben des Versicherungsunternehmens
  3. verbleibende Rentabilität der Photovoltaikanlage
  4. Vermeiden von Beeinträchtigungen der PV-Anlage durch die Blitzschutzeinrichtung

1. Die gültigen Normen

Die Normen der Reihe DIN EN 62305 von 2009, sowie die DIN VDE0185-305 stellen ein umfassendes Gesamtkonzept zum Blitzschutz dar und berücksichtigen die Gefährdung und Häufigkeit, die Schadensursachen, die zu schützenden Objekte und die Schutzmaßnahmen. Die Photovoltaik wird besonders in der DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 “Blitz und Überspannungsschutz für PV-Stromversorgungssysteme” behandelt. (Veröffentlicht im Herbst 2009)

Bildquelle: www.photovoltaikbuero.de 

Gebäude ohne äusseren Blitzschutz und Gebäude mit äusseren Blitzschutz

Es wird grundsätzlich unterschieden zwischen Gebäuden ohne äußeren Blitzschutz und mit äusseren Blitzschutz und der Frage nach exponierten Anlagenteilen. Wenn kein äusserer Blitzschutz vorhanden ist und die Anlagenteile nicht exponiert sind, wird die metallische Unterkonstruktion (bei Einsatz von trafolosen Wechselrichtern) geerdet, d.h. mit dem Potentialausgleich mit 16mm² Cu elektrisch leitend verbunden. Ist das Untergestell mehrteilig, müssen alle einzelnen Teile geerdet werden. Ein zusätzlicher äusserer Blitzschutz ist nicht zwingend notwendig. Dies gilt z.B. für Schrägdachanlagen, die parallel zur Dachhaut angebracht sind und bei denen in der Regel der sich ebenfalls auf dem Dach befindliche Schornstein die exponierteste Komponente ist. Dieser Fall kommt in der Praxis sehr häufig vor. Werden Photovoltaik-Anlagen auf Flachdächern aufgestellt, sind die Solarmodule die höchsten Stellen und daher die bevorzugten Einschlagpunkte. Die Einschlagwahrscheinlichkeit in die Module wird dadurch nur sehr geringfügig erhöht. Durch äusseren Blitzschutz (Blitzfangstangen) sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Blitz in die Module einschlägt, dann werden die Fangstangen zum höchsten Punkt. Bei Flachdächern, die wie von uns empfohlen, zu solaren Pultdächern umgebaut werden, hat man bei Gebäuden ohne äusserem Blitzschutz wieder die Situation wie beim beschriebenen Schrägdach. Die Module stellen keine exponierten Anlagenteile dar, das Montagegestell wird mit dem Potentialausgleich verbunden. 

Bei Gebäuden mit äusserem Blitzschutz, d.h. mit Fangeinrichtungen, soll sich die PV-Anlage wenn möglich vollständig im Schutzbereich der Fangeinrichtung befinden. Bei der Abwägung der erforderlichen Blitzschutzmaßnahme spielt hierbei die Blitzschutzklasse eine Rolle. Es gibt vier Blitzschutzklassen, die jeweils verschiedenen Wahrscheinlichkeiten stehen dafür, dass der Scheitelwert eines Blitzstroms unterhalb einer vorgegebenen Stromstärke liegt. Für jede dieser Blitzschutzklassen wird eine Blitzkugel mit einem bestimmten Radius angenommen. Für Photovoltaikanlagen wird in der Regel Blitzschutzklasse III, bzw. eine angenommene Blitzkugel mit 45m Radius angesetzt. Der Schutzraum befindet sich unterhalb des simulierten 45m Radius der Blitzkugel. Dies ist nur durch einen entsprechenden Trennungsabstand t gegeben, der per Formel gemäß der Norm berechnet wird. In einer Näherung entspricht dieser Sicherheitsabstand ca. 0,5 – 1 m zu den Blitzauffangeinrichtungen und Ableitungen. Bei sehr großen Dächern (insbesondere öffentlichen Gebäuden) sollte – wenn möglich – die Anlage gemäß dieser Vorgaben umgesetzt werden.

In der tagtäglichen Praxis ist der Bau der PV-Anlage innerhalb des Schutzraumes sehr häufig nicht möglich, da z.B. bei kleinen Schrägdächern (z.B. Reihenhäusern) nicht nur die Anlagengrösse massiv kleiner und somit nicht mehr lohnenswert umsetzbar wird, sondern insbesondere bei mehreren quer über das Dach laufenden Blitzableitern oder gar bei geerdeten Blechdächern die Anlage quasi “freischwebend” über dem Dach befestigt werden müsste … in diesen Fällen sollte das Untergestell der Photovoltaikanlage direkt an mehreren Stellen auf kürzestem Wege mit dem Blitzschutz verbunden werden (mind. 16mm² Cu) und wird somit selbst Teil des Schutzkonzepts, bzw. Faraday-Käfigs. In dem renommierten Institut für Solare Energietechnik ISET aus Kassel (mittlerweile im Zusammenschluß mit dem Fraunhofer Institut seit 01.01.2009 das IWES) hat sich bereits vor Jahren mittels zahlreicher Tests mit künstlichen Blitzen im Hochspannungslabor diese Lösung als die Beste herauskristallisiert. Und auch der Blitzschutzanbieter OBO Bettermann, sowie der Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW) zusammen mit dem Elektro- und informationstechnischem Handwerkerverband (ZVEH) verweist auf diese Lösung, wenn die Trennungsabstände nicht eingehalten werden können. Bei einer Anbindung des Untergestells an den vorhandenen äußeren Blitzsschutz teilt sich ein Blitzstrom maschenförmig über das Montagegestell und die Ableiter, bzw. Blitzschutzdrähte auf und wird zu den Erdern abgeleitet. Bei Anbindung an den äusseren Blitzschutz empfiehlt es sich, auch Blitzstromableiter (innerer Blitzschutz) einzubauen.  

Bildquelle: www.photovoltaikbuero.de 
  • innerer Blitzschutz

Da Schäden durch indirekte Blitzeinschläge weitaus häufiger vorkommen als direkter Blitzeinschlag, sollte auf inneren Blitzschutz nicht verzichtet werden. Ein kleiner Teil des inneren Blitzschutzes ist häufig bereits im Wechselrichter vorhanden. Die meisten Wechselrichterhersteller haben DC- und AC-seitige Überspannungsableiter im Wechselrichter integriert. Nichtsdestotrotz ist es empfehlenswert, die Elektronik zusätzlich noch durch separate Überspannungsableiter, die im Zählerschrank mit eingebaut werden, AC-seitig (das heißt von der Wechselstromseite her) zu schützen. Vor dem Wechselrichter kann außerdem zu dessen Schutz DC-seitig noch ein zusätzlicher Überspannungsschutz eingebaut werden, ob dies zwingend nötig ist, wenn im Gerät bereits ein Feinschutz integriert ist, wird in PV-Fachkreisen nach wie vor kontrovers diskutiert. Um PV-Betreibern ein besseres Verständnis für die Funktion von Überspannungsableitern geben zu können, kann man diese als eine Art offenen Schalter betrachten, der erst bei Auftreten einer bestimmten Spannung anspricht, kurzzeitig leitend wird und zum Erdpotential durchschaltet. 

Bildquelle: www.photovoltaikbuero.de; PV Einspeisezähler und AC Übschaltungsleiter (rot) 

Ist die Anlage an den äusseren Blitzstrom angebunden, empfiehlt sich der Einbau eines Blitzstromableiters.  Gäbe es den Fall eines direkten Blitzeinschlags in den Ableiter, würde das Potenzial des Untergestells und der Modulrahmen schlagartig in die Höhe schnellen (Das Drahtgeflecht des äußeren Blitzschutzes hat zwar einen sehr kleinen Ohmschen Widerstand, aber ist eben nicht Null. Wenn ein riesiger Strom fließt, kommt es natürlich auch an kleinen Widerständen zu erheblichen Spannungsabfälllen. Je näher man sich an der Einschlagsstelle befindet, desto höher ist das Potenzial). Die Zellen führen aber nach wie vor das niedrige Potenzial vor dem Einschlag. Käme es zu einem Überschlag zwischen Solarzellen und Modulrahmen, der natürlich das hohe Blitzpotenzial über die Zellen zu den Gleichstromhauptleitungen und damit ins Gebäude führt, müsste dafür gesorgt werden, dass die Potenzialdifferenz zwischen den Gleichstromhauptleitungen und dem Potenzialausgleich im Gebäudeinneren (z.B. dem Potenzial des Wechselrichtergehäuses oder dem Gehäuse des Zählerschrankes) einen bestimmten Maximalwert nicht überschreitet. Ein Blitzstromableiter ist blitzstromtragfähig (bis zu 100 kA, 10/350 µs) und wird nahe an der Eintrittstelle der DC-Leitung in das Gebäude installiert. Diese Bauelemente haben die Aufgabe, die Potenzialdifferenz zwischen Modulrahmen und Solarzellen auf einen maximalen Wert (der im Datenblatt zu finden ist; z.B. 1000V) zu begrenzen. Sie werden bei hohen Spannungsdifferenzen zwischen PE und aktiven Leitern kurzzeitig leitend und verhindern hohe Spannungsunterschiede und damit unkontrollierte Überschläge in der Elektroinstallation. Nach dem Ableitvorgang wird der Blitzstrom-Ableiter wieder hochohmig (mehrere MO) und geht in seinem „Ruhezustand“ über. Um die Vorteile der Blitzstromableiter (blitzstromfest) und der Überspannungsableiter (schnelles Ansprechen) zu vereinen, werden gerne Kombi-Ableiter eingesetzt, wie z.B. von Dehn.   

2. Vorgaben des Versicherungsunternehmens

Lässt man sich von Blitzschutzfirmen beraten, kommt ein ganzes Sammelsurium an Maßnahmen und Ableitern zusammen, das schnell zu Maximallösungen führt, die entsprechende Zusatzkosten bedeutet und manche PV-Anlage um ihre Rentabilität bringen kann. Für den PV-Betreiber, der seine Anlage versichert hat, ist maßgeblich, unter welchen Bedingungen das von ihm ausgewählte Versicherungsunternehmen seine PV-Anlage versichert. Hier ist entscheidend, was im Vertrag und im Kleingedruckten steht.

Der Verband der Sachversicherer empfiehlt in der VdS-Richtlinie 2010 (diese ist nur kostenpflichtig beim VdS erhältlich) eine äußere Blitzschutzanlage der Klasse III und inneren Blitz- und Überspannungsschutz für PV-Anlagen >10kW.

Dies ist eine Empfehlung, aber keine bindende Vorgabe. De facto gibt es etliche Versicherungsunternehmen, die keinerlei Vorgaben machen bzgl. innerem und äußerem Blitzschutz. Ein Überblick verschiedener Photovoltaikversicherungen bestätigt das. Als PV-Betreiber sollte man sein Versicherungsunternehmen dezidiert danach fragen und sich das bestätigen lassen. Beim Ausfüllen des Vertrages kann man die Frage nach innerem und äußerem Blitzschutz auch verneinen, falls man auf diesen bei der Installation gänzlich verzichtet haben sollte. Im Allgemeinen erhält der PV-Betreiber trotzdem den vollen Versicherungsschutz, muß aber u.U. monatlich ein paar Euro mehr bezahlen.

Grundsätzlich gilt: Je größer die Anlage ist und je größer die Investition, umso unerheblicher wird bei der betrachteten Gesamtinvestition die Zusatzausgabe für einen vollen Blitzschutz. Es ist auch nachvollziehbar, dass bei einem Schadensfall bei einer großen Anlage von 50kWp oder 100 kWp von dem Sachversicherer weniger Kulanz erwartet werden kann, als bei einer Kleinanlage von z.B. 5 kWp. Letztendlich ist es für den PV-Betreiber eine Frage seiner Vereinbarung mit dem Versicherungsunternehmen und seines individuellen Sicherheitsbedürfnisses bzgl. des zwar nicht ausschließbaren, aber dennoch eher selten vorkommenden Fall eines direkten Blitzeinschlags

Bildquelle: www.photovoltaikbuero.de; Direkter Blitzschaden bei einer 10 Jahre alten Anlage.

3. verbleibende Rentabilität der Photovoltaikanlage

Auch hier gilt: Je größer die Anlage, umso kleiner werden in der Relation die Zusatzkosten für den zusätzlich Blitzschutz. Die Mehrkosten für einen maximalen Blitzschutz, die diesem PV-Betreiber wie bei diesem typischen Beispiel aus der Praxis von einem Blitzschutzvertreter unaufgefordert dringend ans Herz gelegt wurden, können sehr, sehr erheblich werden und PV-Anlagen kleiner und mittlerer Größe schnell an den Rande der Rentabilität bringen.

Wenn sich diese von Blitzschutzbauern (nicht selten mit großer Empörung vorgetragen und als unverzichtbar dargestellten) Maßnahmen nach mehreren technischen Diskussionen mit der Blitzschutzfirma und gleichzeitigen Rückfragen mit dem Sachversicherer technisch als nicht zwingend nötig und haltbar erweisen, da man bereits andere normgerechte Maßnahmen ergriffen hat (z.B. Anbindung des Montagegestells an den äußeren Blitzschutz) sollte die verbleibende Rentabilität der Anlage die vorrangige Priorität bleiben. Man muss sich darüber bewusst sein, dass ein Teil der Ratschläge von Blitzschutzfirmen auch ökonomisch motiviert sein können, was mit den Begriffen “Umsatzsteigerung durch Photovoltaik” oder “Sensibilisierung des Endverbrauchers” umschrieben werden kann.

4. Vermeiden von Beeinträchtigungen der PV-Anlage durch die Blitzschutzeinrichtung

Blitzschutzmaßnahmen können in manchen Fällen die Effizienz, bzw. den Energieertrag der PV-Anlage mindern. Dies betrifft vorwiegend äußeren Blitzschutz, der für den Fall des statistisch eher seltenen direkten Blitzeinschlags montiert wird. Wenn ein ganzer “Stangenwald” vor den Solarmodulen angebracht ist (bei Flachdächern z.B. oder bei Schrägdächern an der Traufe oder den Seiten, wird dies unweigerlich zu Ertragsverlusten führen. Die Stangen können sich bei entsprechender Höhe wie mehrere Sonnenuhren auswirken, deren Schatten an Sonnentagen egal zu welcher Uhrzeit immer gleichmäßig über die Solarmodule wandern … Teilverschattung wirkt sich bei Photovoltaikmodulen durch die Reihenschaltung der Module untereinander, als auch durch die Reihenschaltung der Zellen innerhalb eines Moduls stärker aus, als der minimal dünne Schattenstrich im Vergleich zur restlichen beschienenen Fläche vielleicht vermuten lässt. Im ungüstigsten Fall kann eine Teilverschattung von 10% der Fläche bis zu 75% Ertrag mindern.

Sollten Blitzfangstangen montiert werden müssen, sollten diese lieber etwas kürzer und dafür in größerer Anzahl gewählt werden. Bei südlichen Schrägdächern können am First problemlos längere Fangstangen montiert werden, während die seitlichen und vor allem an der Traufe angebrachten Spitzen kürzer ausfallen sollten. Bei Schrägdächern kann in Traufnähe auch das geerdete Schneefanggitter für den Blitzschutz zum Einsatz kommen.

Entscheidend ist bei einer Maßnahmenabwägung bzgl. eines äußeren Blitzschutzes nicht zuletzt auch die Relevanz und Gefährdung des zu schützenden Objekts. Krankenhäuser mit Notaufnahmestationen im Alpengebiet sind bei Schattenbildung durch den Blitzschutz natürlich anders zu werten als Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Hallen in wenig exponiertem Gebiet, das von Mittelgebirgen umgeben ist.

Autoren: Frau Dipl.-Ing. Tina Ternus und Herrn Dipl.-Ing. Matthias Diehl; Seit Mitte 2008 betreiben sie gemeinsam das Photovoltaikbuero.de – Ternus & Diehl GbR

www.photovoltaikbuero.de; LINK zum FORUM für fachspezifische Fragen!  

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