GEPRÜFTE BAUSTELLEN IM JAHR
     

Ein Wohngebiet mitten in 1150 Wien. Dazu eine Volksschule und ein 700.000 Euro-Sanierungsbauvorhaben. Die Ferienzeit war nahezu unerträglich, Baustellenlärm ohne Ende. Aber auch nach den Ferien geht es weiter, der heutige Höhepunkt: Knapp 2 Stunden -während der Schulzeit, Baustelle im Schulhof- eine 2-Taktbetriebene Bohrmaschine. Ein Hilferuf an die MA22, laut Eigenangaben die „Anlaufstelle für Lärmgeplagte“.

Und das Gefühl dass die Magistratsabteilung 22 Wichtigeres zu tun hat…

3x nicht erreicht – 1x umsonst angerufen: MA22

Bei der MA22 gibt es eine Liste mit Ansprechpersonen, die ersten 3 Personen waren gleich mal nicht erreichbar, keine Weiterleitung. Beim 4. Anruf hebt ein „technischer Amtsrat“, Herr S. ab. Meine Fragen sind kurz und unmißverständlich: „Darf es sein dass man mitten im Wohngebiet mit Motorsägen und sonstigen 2-taktbetriebenen Baugeräten arbeitet und dabei weit über 100 DB Lärm produziert?“ und „Gilt hier nicht der Grundsatz „vermeidbaren Baulärms“, respektive muss hier nicht die technische Alternative einer strombetriebenen oder hydraulischen Bohrung mittels Kompressor gewählt werden?“

Herr S. (MA22) vermittelt den Eindruck sich mehr um die Lärmsünder zu sorgen

Dazu muss man wissen dass die MA22 die Wiener Umweltschutzabteilung repräsentiert. Ein Absatz aus den Zielen der MA22: „Ziel ist die Verbesserung der umweltspezifischen Aspekte der Lebensqualität (objektiv und subjektiv). Wir wollen einen aktiven Beitrag zur Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen leisten (zum Beispiel hinsichtlich Wohn- und Arbeitsplatzqualität, Erholungsangeboten, Naturerleben in der Stadt und Mobilität). Das wollen wir durch Schutz vor Beeinträchtigungen der Gesundheit und des Wohlbefindens (zum Beispiel Schutz vor Lärm, Luftverschmutzung, Gerüchen und dem Verlust von Naturraum) und durch die Schaffung von Möglichkeiten zur Naturerfahrung erreichen.“  Um den richtigen Ansprechpartner zu finden wähle ich meinen Ansprechpartner aus dem „Fachbereich Lärmschutz“ aus. Herr S. gibt an dass man zwischen 6 und 20 Uhr keine Spezialgenehmigung braucht, auf Baustellen ist Lärm unvermeidbar und auch nicht verboten. Dem Prinzip der „Vermeidbarkeit“ folgend frage ich ob beispielsweise bei einer Motorsäge nicht Alternativ die Elektro-Kettensäge verwendet werden MUSS. Herr S. kontert und fragt mich ob ich schon mal mit einer E-Säge geschnitten habe, wie schwer das sei, und dass ich verstehen solle dass da bevorzugt motorbetriebene Kettensägen Verwendung finden!

MA22 fördert das lärmproduzierende Bau-Handwerk? 

Da fehlen mir die Worte. Die Bauordnung ist zu diesem Punkt zwar schwammig aber auch doch wieder recht eindeutig:

„(3) Ist auf der Baustelle eine Anschlußmöglichkeit an das Stromnetz vorhanden oder ohne erheblichen wirtschaftlichen Aufwand zu installieren, dann ist für den Antrieb von Baumaschinen, die nach dem Stand der technischen Entwicklung elektrisch betrieben werden können und in dieser Konstruktion im Handel erhältlich sind, elektrischer Strom an Stelle von Verbrennungsmotoren heranzuziehen. Diese Verpflichtung besteht jedenfalls bei Bauaufzügen, Fördergeräten, nicht selbstfahrenden Mischmaschinen, Kreissägen, Bohrmaschinen und Pumpen. Durch Verordnung der Landesregierung können weitere Baumaschinen, auf welche die genannten Voraussetzungen zutreffen, einbezogen werden.“

Dafür verantwortlich ist der Bauführer:
§ 2. (1) Der Bauführer (§ 124 Abs. 1 der Bauordnung für Wien in der geltenden Fassung) hat, unbeschadet der Bestimmungen des § 3, dafür zu sorgen, daß jeder unnötige Baulärm auf der Baustelle vermieden wird. Er ist dafür verantwortlich, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes sowie die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen eingehalten werden.
(2) Er hat insbesondere die Ausbreitung von Baulärm auf Fenster vor Aufenthaltsräumen (§ 87 Abs. 3 der Bauordnung für Wien), soweit dies technisch möglich ist und ohne erheblichen wirtschaftlichen Aufwand durchgeführt werden kann, wie durch Aufstellen von Bauplanken, Herstellung von Einhausungen, Anbringen von Dämmatten, Wahl des Aufstellungsortes der Maschinen, zu verhindern.
Der erhebliche wirtschaftliche Aufwand wird weiters mit 5% der GESAMTBAUKOSTEN angegeben. Im gegenständlichen Fall stellt die ausführende Firma Engelbert & Haunschmid einen Kinderspielplatz in einem  Schulhof auf. (Eine Bauverhandlung zu diesem Spielplatz gab es angeblich nicht)  Es wäre interessant zu wissen ob die 5% von den gesamten Sanierungskosten, oder nur vom Preis des Kinderspielplatzes gerechnet werden sollen. Jedenfalls würde das Bohren der Löcher für die Punktfundamente mit einem Kompressor kaum Mehrkosten verursachen, oder rechnet der Gesetzgeber da auch die Anschaffungskosten hinzu? Wohl nicht, es dürfte hier um echte Zusatzkosten für beispielsweise eine Lärmschutz-Einhausung gehen. Noch ein Auszug aus dem Gesetzestext:
(4) Als erheblich im Sinne der Abs. 2 und 3 ist der wirtschaftliche Aufwand dann anzusehen, wenn er die Bauführung in einer zu den Gesamtkosten des Projektes unverhältnismäßigen Höhe belasten würde; eine unverhältnismäßige Höhe ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Belastung mehr als 5% der geschätzten Gesamtkosten des Projektes beträgt. Gesamtkosten des Projektes sind jene Kosten, die notwendig sind, um an der betroffenen Baulichkeit oder Anlage eine beabsichtigte bautechnische Maßnahme zu verwirklichen, ungeachtet des Umstandes, daß die Arbeiten, aus welchem Grund immer, nur in zeitlichen Abständen oder von verschiedenen Gewerbetreibenden ausgeführt werden. Hiebei ist nach den vorliegenden Kostenvoranschlägen, bei Fehlen von solchen durch behördliche Schätzung vorzugehen. Die Kostenvoranschläge unterliegen hiebei hinsichtlich der Durchführbarkeit und Preisangemessenheit der behördlichen Überprüfung.
Herr S. empfiehlt beim Bezirksamt anzurufen, die können ja dann einen Auftrag zur Lärmmessung an die MA22 erteilen. Herr S. gibt dann noch den Tipp den Baustellenkoordinator anzurufen, der müsse ja wissen ob diese Arbeiten „genehmigt“ sind. Wie auch immer, ob nun eine Motorsäge in Wien erlaubt ist, und wo man als geplagter Bürger eine rasche Hilfe bekommt bleibt offen…

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