In allen Bereichen unseres Lebens wird ein Umdenken gefordert, ein bewussterer Umgang mit Ressourcen.
Das mit Sicherheit populärste Wort in diesem Zusammenhang ist „Nachhaltigkeit“. Überall wird die Forderung nach nachhaltiger Entwicklung, nachhaltigem Wirtschaften oder nachhaltigem Bauen propagiert.
- Was aber bedeutet „Nachhaltigkeit“ genau?
Das Internet-Nachschlageforum „wikipedia“ definiert „Nachhaltigkeit“ sehr richtig als ein Handeln, dass „im Einklang mit Ökologie, Ökonomie und sozialen Aspekten steht“. Die ursprüngliche Definition kommt aus der Forstwirtschaft und bedeutet, dass immer nur so viel Holz dem Wald entnommen wird, wie nachwachsen kann, so dass der Wald nie zur Gänze abgeholzt wird, sondern sich immer wieder regenerieren kann. Nachhaltige Entwicklung im heutigen Sinne ist nur mit dem sogenannten Drei-Säulen-Modell möglich: der gleichzeitigen Umsetzung von umweltschonenden, sozialen und wirtschaftlichen Zielen.
Oder, mit anderen Worten: „Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können.“
Gerade im Bereich Bauen und Planen wird dieser Begriff auffallend oft verwendet. Mit gutem Grund, wenn man zum Beispiel die maßlose Inanspruchnahme von Ressourcen im Bausektor betrachtet:
- Das Bauwesen verbraucht ca. 50 % aller der Erde entnommenen Rohstoffe
- Der Bausektor produziert mehr als 60 % des anfallenden Abfalls
- Betrachtet man den Lebenszyklus von Gebäuden, so erfordert deren Bewirtschaftung (Heizung, Kühlung, Beleuchtung ect.) ca. 80 bis 90% des gesamten Energieeinsatzes
Erschreckende Fakten und Zahlen, die alarmieren. Einer der obersten Gebote für unsere Generation lautet also, diese zu ändern und zu verbessern. Der erste Schritt dazu heißt Reduktion des Energiebedarfs bei Gebäuden.
- Bei Neubauten
Hier sollte der Heizwärmebedarf möglichst gering gehalten werden und der verbleibende Energiebedarf mit Erneuerbaren Energieträgern abgedeckt werden. Der Weg dahin führt zum Passivhaus und in weiterer Folge zum Plusenergiehaus, einem Gebäude das rein rechnerisch mehr Energie gewinnt, als es verbraucht. Durch einen Passivhausstandard können Energieeinsparpotentiale von bis zu 90% gegenüber konventionellen Gebäuden realisiert werden. Die Mehrkosten für die Errichtung betragen nur ca. 4 bis 12 % und amortisieren sich alsbald. Außerdem unterstützen Land und Bund Bauwillige mit zum Teil großzügigen Förderungen. Link: foerderdata.at
- Bei Bestandsgebäuden
Ziel ist, durch Sanierung den Energiebedarf deutlich zu reduzieren. Besonders bei Gebäuden zwischen 1945 und 1980 können große Einsparungen erreicht werden. Aber auch Gründerzeithäuser können nachhaltig saniert werden, sogar bis auf Passivhausniveau. Bei Bestandssanierungen sind wir uns von HAUSVERSTAND.COM einig: Es müssen nicht alle erforderlichen baulichen Änderungen auf einmal gemacht werden. Auch eine schrittweise Sanierung ist durchaus zielführend.
- Die erste Etappe heißt aber auf alle Fälle Energieausweis.
Auf den aktuellen Heizwärmebedarf aufbauend erwägen wir, welche weiteren Schritte wirtschaftlich sinnvoll sind: Wärmedämmmaßnahmen, Austausch veralteter Heizsysteme und Umstieg auf Erneuerbare Energieträger, Fenstertausch und anderes mehr. Auch bei Sanierungen im Bestand gibt es attraktive Fördermaßnahmen. (gerade aktuell: der Sanierungsscheck vom Bund in einer Höhe von bis zu 5.000 €, Link: bmwfi.gv.at / Thermisch-energetische Wohngebäude-Sanierung in Wien (ab drei Wohneinheiten), Link: wohnfonds.wien.at)
Energieeffizientes Bauen und Sanieren ist aber nur ein Punkt, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Nachhaltiges Bauen umfasst viel mehr: Es reicht von der Planung über den Bau bis zur Nutzung und umfasst Themen wie Langlebigkeit, Ressourcenschonung, Verminderung der Belastungen für Mensch und Umwelt, Nutzerkomfort, Infrastruktur und vieles andere mehr.
Ein nachhaltiges Gebäude wird zum Beispiel anstatt mit EPS (z.B.: Styropor) mit mineralischer Dämmung oder gar mit Stroh gedämmt und erreicht dadurch einen niedrigen Primärenergiebedarf (= die Energie, die für die Herstellung, den Transport und die Verarbeitung aufgewandt werden muss). Außerdem werden intelligente Energiesysteme verwendet, Elektrosmog und Geräuschpegel gering gehalten und barrierefrei gebaut.
In Österreich und anderen Ländern sind solche Qualitätsmaßstäbe bereits in speziellen Gebäudezertifikaten abgebildet (von ÖGNI oder ÖGNB, Link: ogni.at , oegnb.net) Diese Nachhaltigkeitsbewertungen gelten vorerst nur für Neubauten. Sinnvolle Bewertungen und Maßstäbe für Bestandsgebäude werden derzeit erarbeitet.
- All diese Aspekte mögen vorerst für den einen oder anderen Bauwilligen neu und fremd klingen, sie werden sich aber alsbald im Sinne der Vernunft durchsetzen.
Vor allem nach der Naturkatastrophe in Japan sollte uns wieder einmal bewusst geworden sein, was verantwortungsloses Handeln für Konsequenzen für uns alle haben kann. Deshalb: Ein jeder kann einen sinnvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, wie zum Beispiel in seinen eigenen vier Wänden ….. Die Katastrophe von Fukushima hat uns einmal mehr gezeigt, wie wichtig nachhaltige und energieeffiziente Architektur für das Wohl der Gesellschaft und unserer Umwelt sind
Autor: DI Winfried Schuh – Architekt und Energieberater; HAUSVERSTAND.com.