Wenn Selbstoptimierung ein Trend ist, dann ist es gegenwärtig sicher auch gefragt, gut vorbereitet zu sein. Ein klares Indiz dafür ist das steigende Interesse an „Readiness“, das man sich mithilfe von Google Trends veranschaulichen lassen kann: Dem Tool zufolge war das Interesse an diesem Begriff im deutschsprachigen Raum nie größer als in diesem Jahr.[1] Und es steigt seit etwa zehn Jahren kontinuierlich an.
Als Marketingbegriff tritt die „Readiness“ seit etwa 2023 verstärkt in Erscheinung: Mit dem Aufkommen generativer Werkzeuge mit künstlicher Intelligenz (KI) warben Unternehmen sehr zügig damit, „KI-ready“ zu sein oder die „KI-Readiness“ ihrer Kundschaft sicherzustellen. Im gleichen Zeitraum wurden Erdgasheizungen in Deutschland erstmals als „H2-ready“ vermarktet. Anlass dafür war die Diskussion – und letztlich das Inkrafttreten – des Gebäudeenergiegesetzes 2024. Weil dieses den Einbau von Gas-Heizkesseln erlaubt, die später auf Wasserstoff umgestellt werden können, hat der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches seinerzeit ein entsprechendes „H2-Ready-Siegel“ eingeführt. Das Siegel soll Gas-Heizkessel kennzeichnen, die für Wasserstoff bereit sind. Das Siegel geriet kurz nach seiner Einführung allerdings in die Kritik, weil es Verbraucher in falscher Sicherheit wiege. Auf absehbare Zeit werde es nämlich nicht genügend Wasserstoff für private Heizungsanlagen geben. Darauf vorbereitet zu sein, hätte somit keinen Mehrwert.
Bereits seit 2021 ist ein weiteres Siegel auf dem Markt, das „Readiness“ verspricht: das Siegel „QNG-ready“. Als Fachhändler für Bodenbeläge sind wir in diesem Jahr erstmals darauf aufmerksam geworden, weil unsere Lieferanten begonnen haben, ihre Produkte mit dem Siegel zu bewerben. Vorher spielte es für unsere Kundschaft tatsächlich keine Rolle. Nun beobachten wir jedoch, dass unser Beratungsteam zunehmend darauf angesprochen wird. Weil die wenigsten der Fragesteller etwas mit dem „QNG-ready“ anzufangen wissen und wir uns mittlerweile genauer darüber informiert haben, möchten wir mithilfe von Bauherrenhilfe.org für etwas Aufklärung sorgen.
Grundsätzlich ist QNG unter Bauherren in Deutschland keine Unbekannte. Die drei Buchstaben stehen für: Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude. Der Zusatz „-ready“ würde wortwörtlich bedeuten, dass etwas „für QNG bereit“ ist. Doch kann man das wirklich wörtlich nehmen? Denn bei genauer Betrachtung wird deutlich, dass hinter QNG und dem Siegel „QNG-ready“ verschiedene Institutionen stehen.
– Ersteres wird vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) gefördert. Es „schafft eine rechtssichere Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln … [anhand der] …. Prinzipien des nachhaltigen Planens, Bauens und Betreibens in der Bau- und Immobilienwirtschaft Deutschlands“[2]. Die Vergabe des QNG-Siegels erfolgt durch akkreditierte Zertifizierungsstellen. Wichtig für Bauherren zum einen: Das Siegel wird nur für ganze Gebäude und nicht für einzelnen Bauteile oder Baustoffe vergeben. Wichtig für unsere Kundschaft: Ein QNG speziell für Bodenbeläge gibt es somit nicht. Zum anderen sollten Bauherren wissen, dass die Entscheidung der akkreditierten Zertifizierungsstellen unabhängig davon erfolgt, ob die in einem Gebäude verbauten Stoffe mit dem Siegel „QNG-ready“ gekennzeichnet sind.
– Zweiteres wird vom deutschen Sentinel Holding Institut (SHI) vergeben. Laut SHI können Baustoffe – darunter auch Bodenbeläge – „QNG-ready“ sein, die die Kriterien des „Anhangdokuments 3.1.3 Schadstoffvermeidung in Baumaterialien“ des QNG erfüllen. In dem Dokument werden nicht nur Grenzwerte für unterschiedliche, potenziell gefährliche Stoffe und Emissionswerte aufgelistet. Es legt auch fest, dass für Holz und andere nachwachsende Rohstoffe ein Nachweis über ihre nachhaltige Gewinnung erbracht werden muss.
Das Problem mit dem vom SHI vergebenen Siegel: Alle weiteren Kriterien, die die akkreditierten Zertifizierungsstellen für die Vergabe des QNG heranziehen, werden vom SHI nicht geprüft. Sollte also ein Baustoff eines dieser Kriterien nicht erfüllen, kann er zwar „QNG-ready“ sein, aber bei der Vergabe des QNG dennoch durchfallen. Dies haben wir uns auf Nachfrage schriftlich vom „QNG-Info Team“ des BMWSB bestätigen lassen. Unserer Kundschaft müssen wir daher sagen, dass das Siegel „QNG-ready“ keine verbindliche Aussage ist. Es ist nicht mit einer Garantie gleichzusetzen, dass sie das QNG für ihre Immobilie erhalten – und damit unterm Strich von fragwürdiger Aussagekraft.
Ein zusätzliches Problem, das wir sehen: „Die Konformitätsaussage des Siegels „QNG-ready“ ist […] nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich limitiert. Sie bezieht sich auf das ‚Anhangdokument 3.1.3‘ mit dem Stand vom 01.12.2023.“[3] Das heißt: Sobald Änderungen an dem Dokument oder den darin definierten Kriterien geschehen, wird die Aussage „QNG-ready“ unwirksam.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass unsere Lieferanten das Siegel „QNG-ready“ eher vorsichtig bewerben. Sie kommunizieren aus unserer Sicht angemessen deutlich, dass es eine eingeschränkte Aussagekraft besitzt. Allerdings sehen wir durch die Fragen unserer Kundschaft, dass dies nicht überall am Markt der Fall ist. Laien können allzu leicht übersehen, dass „QNG-ready“ kein Prädikat einer öffentlichen Institution, sondern das Produkt eines privatwirtschaftlichen Unternehmens ist. Und dieses Unternehmen profitiert nun von dem verbreiteten Bedürfnis „well-prepared“ zu sein und nach dem abgenutzten Motto „Be ready!“ zu leben.
1 – Bezogen auf Deutschland und die Erhebungen seit 2004, siehe: https://trends.google.de/trends/explore?date=all&geo=DE&q=readiness&hl=de, zuletzt abgerufen am 23.10.2025.
2 – https://www.qng.info/qng/, zuletzt abgerufen am 23.10.2025.
3 – https://www.bodenfuchs24.de/QNG-konform, zuletzt abgerufen am 23.10.2025.
Bild: BodenFuchs24

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