GEPRÜFTE BAUSTELLEN IM JAHR
     

3 traurige Umstände führen zu diesem Beitrag: 1) Es werden auf Häuslbauer-Messen vermehrt Selbstbausätze aus Styropor-Schalelementen angeboten. 2) Bei der ATV-Doku „Pfusch am Bau sind bereits 2 Schadensfälle zu diesen überwiegend nicht den Zulassungs- bestimmungen (wenn überhaupt Zulassungen vorliegen) entsprechend errichteten Häusern dokumentiert. 3) Wieder einmal liegen Probleme mit Auftragsvermittlungen aus my-hammer vor.

Dazu stellvertretend die Falldokumentation „Baukasten innovative Bausysteme“ vs. Familie Wöhry

Im Jahr 2012 bekam die Familie nach langer Wartezeit den Zuschlag für ein Kleingartengrundstück am Hackenberg in Wien 19. Damit erfüllte sich ein Traum, da die Wohnung in der sie bis dahin lebten, bereits zu klein für die ganze Familie geworden war. Da die Familie keinerlei Erfahrung mit Baufirmen hatte, ließen sie sich über myhammer.at einige Angebote zukommen. Gerhard Steier und sein vermeintlicher Geschäftspartner D. Markovic traten als Baumanagement-Firma („Baukasten innovative Bausysteme“) auf und bekamen den Auftrag das Kleingartenhaus zu erweitern. (Mitsamt Anzahlung) Versprochen wurde hohe Qualität und ein schneller Bau zu attraktiven Kosten. Leider wurden diese Versprechen nicht gehalten. Die Firma war sogar schon vor Vertragsabschluss in Konkurs! Lt Familie begann alles schon sehr komisch, da die Firmeninhaber den Aushub mit Leihgerät machten. Dies offenbar nicht sehr professionell. Es wurden einige Zäune an Nachbargrundstücken beschädigt und die Arbeit sah eigentlich retrospektiv sehr amateurhaft aus. Selbstverständlich entstanden immer mehr Verzögerungen und Zusatzkosten aufgrund von unvorhersehbaren Dingen. Trotz Pauschalangebot. Als Material aus Frankreich (Euromac 2) kommen sollte, gab es die interessantesten Ausreden warum dieses nicht zeitgerecht kommt. U.a. wurde von Schäden der Produktionsstrasse gesprochen. Was -wie sich später herausstellte- nicht stimmte. Nachdem es mit dem Einzugstermin nichts mehr wurde, trotzdem die Betroffenen bereits ihre Wohnung aufgegeben und die Einrichtung bereits ins neue Haus gebracht hatten, kam die große Schneeschmelze im Jänner 2013, wo der Keller bis zu 15cm unter Wasser war. Es wurden immer mehr Schäden sichtbar; die frisch betonierte Eingangsstiege brach, die Fassade ist ein Graus, der Keller nicht verwendbar. Wasser kam durch die Fuge der Fundamentplatten sowie durch die Außenwände. Trotz mehrmaliger Gespräche mit den Beteiligten kam nichts mehr heraus. Ein Kostenvoranschlag eines renommierten Baumeisters zur Abdichtung wurde aufgrund der hohen Kosten seitens der Firma abgelehnt. Mehr kam nicht mehr heraus.Außer gelegentlicher Drohungen, dass bei Nichtzahlung sie mit ihren Methoden aufwarten werden. Der befreundete Baumanager hat Fristen zur Behebung gesetzt, welche ignoriert wurden. Steier und Markovic wollen nun mit dieser Baustelle nichts mehr zu tun haben.

Eigentlicher Auftragnehmer soll nun eine „Baukasten Baumanagement Ltd.“ von einem Alexander Parisini sein. Demnach ist aktuell Herr Steier in Insolvenz befindlich und die englische Limited / Herr Parisini will auch nichts von einem Auftrag wissen. Gezahlt hat Familie Wöhry aber bereits einen Großteil. Das Geld ist wohl weg, der Schaden bleibt. 

Mir liegt eine Zahlungsbestätigung der Familie Wöhry vor, unterfertigt bzw. erhalten von Steier und Markovic! Der Anwalt von Herrn Parisini informiert dazu wie folgt: (hier nur auszugsweise)

„Die Herren Steier und Markovic sind unter der nicht registrierten Bezeichnung „BAUKASTEN innovative Bausysteme“ mit der Anschrift 1220 Wien, Hirschstettnerstraße 19-21/IS309 aufgetreten und haben im eigenen Namen den zu Ihrer Information attachten Kostenvoranschlag bezüglich des Bauprojektes N.85 gelegt, der zum Zeichen der Annahme auch vom Bauherren unterfertigt wurde. Sowohl die auf diesem KV befindliche Kontonummer als auch die UID-Nummer sind nach mir vorliegenden Informationen – die ich allerdings nicht überprüfen kann – Herrn Steier zuzuordnen.“

Die Familie Wöhry hat jedenfalls kein Geld mehr für Klagen, respektive wird eine gerichtliche Klärung schon aufgrund der Insolvenz von Herrn Steier keinen Sinn mehr machen. Die Familie saniert nun auf eigene Kosten und mit Unterstützung der Firma STO (stellt das Material zur Verfügung) / WK-Fassadenbau (Walter Krall)  und Firma Rascor (Ing. Stadler) zur Kellerabdichtung. Die aktuelle Staffel 7 zu ATV-Pfusch am Bau dokumentiert den Schadensfall in 2 Folgen. Infos zu den „verlorenen Schalungselementen“ nach der Bildergalerie:

Euromac2 / Isorast / Magu-Bausysteme / Styro Stone / Wolf-Thermomodule

Zur Erfindung beziehungsweise Historie der Polystyrol-Schalbauelemente dürfte jeder seine eigene Version haben. Für das Euromac2-System wird angegeben dass der Firmengründer Paul Schreer für sich vor 35 Jahren das erste Styropor-Haus gebaut und dann weiterentwickelt haben soll. Isorast geht da etwas tiefer. 1965 soll der österreichische Styropor-Pionier Herbert Fitzek Holzbeton-Schalungssteine aus Polystyrol-Hartschaum hergestellt haben. 1973 wurden internationale Patente für das isorast-System an Manfred Bruer vergeben. Und 1980 soll ein Deutsch-Amerikaner und ein Deutsch-Australier die Isorast-Grundlizenz erworben, und damit diese Technologie erstmals in den USA und Australien eingeführt haben. Anfang 2002 gab es lt. Isorast in den USA 30 und in Australien 20 verschiedene Systeme aus Polystyrol-Hartschaum, welche allesamt auf der isorast-Idee basieren sollen. Weltweit existieren im Jahre 2002 rd. 100 Systeme.

Styropor-Schalsteine – Ein System für Selber-Bauer? 

Grundsätzlich darf der Markenname Styropor nur dann verwendet werden wenn das Granulat zum Produkt auch vom Erfinder (Fritz Stastny) BASF kommt. Nach den bautechnischen Zulassungen handelt es sich eigentlich nicht um Wandelemente sondern um einen

„Nicht lasttragenden verlorenen Schalungsbausatz bestehend aus EPS-Schalungselementen (Non-load bearing permanent shuttering kit based on shuttering elements of EPS)


Genauer gesagt werden Schalungselemente aus expandiertem Polystyrol zu Wandelementen zusammengesteckt um diese danach mit Beton -dem eigentlich tragenden Element- auszufüllen. Es wird damit quasi ein Beton-Skelett hergestellt, dazu gibt es die entsprechenden Deckenelemente, ebenfalls aus EPS, mitsamt Zubehörteilen. Diese Styroporelemente entsprechen meines Wissens nach keinen geltenden Normen für Mauerwerks- Dämm-, Putz,- oder Wärmedämmverbundsystemarbeiten. Normen zu beispielsweise Aussenputzen kennen zwar den Baustoff „expandiertes Polystyrol“, aber als „verlorene Schalung“ entsprechen diese Systeme normativen Anforderungen und Richtlinien vermutlich nicht. Mit ein Grund warum ich vor diesen Schalungselementen dringend abrate. Beziehungsweise vermutlich ein Grund warum kaum ein „echter Baumeister“ (ich kenne Keinen) dieses System anbietet. Vielleicht aber ein Grund warum diese Elemente auf Messen den Häuslbauern zum „Selbermachen“ präsentiert werden. Man möchte ja schließlich sein Produkt verkaufen. (Bilder von der Bau-Messe 2009 in München)

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Keine Zulassung als Wandsystem für den Endverbraucher !

In Übereinstimmung mit der ETAG 009, der Leitlinie für die europäische technische Zulassung für „Nicht lastragende verlorene Schalungsbausätze/-Systeme bestehend aus Schalungs-/Mantelsteinen oder -Elementen aus Wärmedämmstoffen und – mitunter – aus Beton“ fordert die „Europäische Technische Zulassung ETA-05/0001“ eine entsprechende Tragwerksberechnung nach „ÖNORM B 1992-1-1 – Eurocode 2 – Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau“.  Das Einfüllen des Betons darf ausschließlich von Personen durchgeführt werden, die in die Arbeiten und den fachgerechten Umgang mit dem Schalungssystem eingewiesen wurden. Dass die Statik von einem Tragwerksplaner gerechnet werden muss braucht hier wohl nicht näher erläutert werden. Ein System für den Häuslbauer? Wohl eher nicht.

Polystyrol-Wandelemente mit ungünstigen Eigenschaften 

Zu den Haftungsfragen und baurechtlichen Problemstellungen kommen die meiner Meinung nach sehr ungünstigen, baustofflichen Eigenschaften hinzu. 1) BAUFEUCHTE: Nicht zu Letzt im Fall Wöhry zeigt sich hinter den an den Aussenwänden aufgestellten Kästen starker Schimmelbefall. Besonders kurz nach Baufertigstellung ist mit starken Problemen durch die eingeschlossene Baufeuchte (Beton mit hunderten Litern Wasser) zu rechnen. Im Sommer kann die Wand eher und aufgrund der sommerlichen Dampfdiffusionsumkehr nur nach Innen austrocknen. Im Winter fehlt der Wand aufgrund der eingeschlossenen Feuchtigkeit (Beton kann bis zu 7 Jahre „Trockenschwinden“!) der theoretisch -weil im trockenen Zustand- errechnete Dämmwert. Die nachfolgenden Bilder zeigen starken Schimmelbefall zwischen Wand und Kästen, einige Monate nach Fertigstellung:

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In Polystyrolen ist -wie der Name schon sagt- Styrol enthalten. Styrole sind indirekt als kanzerogen eingestuft. Während Polystyrole im Aussenbereich (beispielsweise als Wärmedämmverbundsystem) aus meiner Sicht kein Problem darstellen, verhält sich das im Innenbereich gänzlich anders. Und nach 24 Std., bei geschlossenen Fenstern, in einem Haus aus Polystyrol-Wand- und Deckenelementen, kann ich allfällige Schadstoff-Imissionen nicht ausschließen. Respektive würde ich  für meine Familie jegliches Risiko vermeiden wollen!  Bauphysikalisch mag eine trockene Polystyrol-Wand relativ diffusionsoffene sein. Nur sind beziehen sich sämtliche diesbezügliche Angaben zur Wasserdampfdiffusions-Widerstandszahl auf trockene Baustoffe. Ein Nässefilm führt schlussendlich zu einem dampfsperrenden Wandbildner, mit entsprechenden hygienischen Folgen in Raumluft und an der Oberfläche. Schlussendlich empfehle ich u.A. auch und im Besonderen an den Innenwänden speicherfähige -schwere- Baustoffe. Winterlich solare Einstrahlungsgewinne speichern sich am besten in massiven Wänden oder Wandoberflächen.

Link zu einem Fachbeitrag zum Thema „TAD und TAV vor U-Wert“

Schlussendlich ist Polystyrol extrem anfällig gegen Hitzeeinwirkung. Aus sachverständiger Sicht beginnt sich EPS ab 55°C zu verformen. Bei einem Zimmerbrand kann es so schnell zu einem Totalausfall beziehungsweise der Notwendigkeit einer umfassenden Haussanierung kommen. Ein klassischer Innenputz könnte die Abwärme nicht wirksam abschirmen. Das EPS würde sich bis zum Betonkern zurückziehen können! Im krassen Widerspruch, und nur unter dem Titel „Werbespruch und Verkaufsförderung“, sind dann solche Aussagen zu bewerten: “ Ein EUROMAC2 Haus kostet schlüsselfertig nicht mehr, als ein qualitativ gleichwertiges Massivhaus. Das interessante am EUROMAC2 Bausystem ist, dass durch die Beschaffenheit des Systems ein Bauherr, auch ohne dass er eine handwerkliche Ausbildung besitzt, im Bereich Rohbau bis zu 85 % der anfallenden Lohnkosten durch Eigenleistung sparen kann.“ Hier müsste eigentlich die Massiv-Industrie auf „unlauteren Wettbewerb“ klagen. Von einer „Gleichwertigkeit“ kann hier ja keinesfalls eine Rede sein.

Schlussendlich ist es im Besonderen diese Aussage die gegen das System spricht. Bei gleichen Kosten und aus sachverständiger Sicht spricht nichts für die Polystyrol-Wand und alles für jedes andere normativ beschriebene Wand-System. Bei 30% geringeren Kosten könnte man die Nachteile dieses Wandbildners ausgleichen. Raumseitig eine Wohnraumlüftung zur permanenten Ablüftung allfälliger Schadstoffe, einen dicken Kalk-Zementputz an die Innenoberflächen und jedenfalls Fachfirmen und einen Tragwerksplaner zur Verarbeitung. Nur ist dann eher mit Mehrkosten von 30% zu rechnen… 

 

 

Veröffentlicht am 7. September, 2013 von Bauherrenhilfe.org