HEBEANLAGE und RÜCKSTAUVERSCHLUSS – Was der Installateur dabei beachten sollte!
Bei einer Entwässerungsanlage gibt es zahlreiche Anforderungen, welchen eine Abwasserinstallation gerecht werden muss. Einen wesentlichen Aspekt einer Entwässerungsanlage (Abwasseranlage) stellt die maßgebliche Rückstauebene dar. Der Begriff „maßgebliche Rückstauebene“ dürfte jedoch nicht jedem Installateur oder Baumeister geläufig sein. Jedenfalls wird sehr oft nicht auf den möglichen Rückstau aus dem Kanalnetz ins Gebäude und dessen Folgen geachtet.
Für die Abwasserinstallation relevante Grundbegriffe in Bezug auf die maßgebliche Rückstauebene:
Was ist Abwasser bzw. Schmutzwasser:
Sammelbezeichnung für verunreinigtes Wasser, Grauwasser (fäkalienfrei), Schwarzwasser (fäkalienhältig)
Maßgebliche Rückstauebene:
Das ist die höchste Ebene bis zu der das Abwasser, in Folge eines Rückstaus im Kanalnetz (Straßenkanal), ansteigen kann. Aus ungesicherten Ablaufstellen, welche sich unterhalb der maßgeblichen Rückstauebene befinden, würde ungehindert Abwasser austreten.
Rückstauverschluss:
Vorrichtung (Rückstauklappe), die Räume vor Rückstau des Abwassers, welches sich gegen die Flussrichtung ausbreitet, schützt. Diese kann in Rohrleitungen, Ablaufgarnituren oder Bodenabläufe integriert sein.
Rückstauschleife:
Ist der Teil der Druckleitung einer Abwasserhebeanlage, welcher das Abwasser über die maßgebliche Rückstauebene hoch führt und in die Kanalisation ableitet. Nach der Rückstauschleife darf die Druckleitung wieder unter die maßgebliche Rückstauebene geführt werden.
Abwasserhebeanlage:
Pumpwerk, welches das Abwasser sammelt und in die Kanalisation pumpt.
Rückstauhebeanlage:
Abwasserhebeanlage mit Rückstauverschluss und vorgeschalteten Überlauf, welcher in den Sammelbehälter bzw. Sammelschacht der Hebeanlage mündet.
Das häusliche Abwasser fließt ohne das Vorhandensein eines Rückstaus im freien Gefälle in die Kanalisation. Bei Rückstau schließt der Rückstauverschluss und das anfallende häusliche Abwasser wird über den Überlauf der Hebeanlage zugeführt und über eine Rückstauschleife in den Kanal gepumpt.
In Zeiten von Wetterkapriolen wie Starkregen und dergleichen, aber auch durch steigende Bevölkerungszahlen sind die Straßenkanäle großen Spitzenlasten ausgesetzt. Genau deswegen ist auf die Möglichkeit eines Rückstaus ins Gebäude großes Augenmerk zu legen. Missachtung der erforderlichen Maßnahmen zur Sicherung gegen Rückstau aus dem Kanalnetz ins Gebäude, kann erhebliche Schäden verursachen. Leider kommt es immer wieder vor, dass der Installateur nicht in Kenntnis der maßgeblichen Rückstauebene ist und folglich nicht in der Lage, die erforderlichen Maßnahmen für Anschlüsse unterhalb dieser zu setzen.
Wo bekommt der Installateur oder Baumeister die Informationen über die Höhe der maßgeblichen Rückstauebene her?
Grundsätzlich sollte der zuständige Abwasserverband, das Gemeindeamt oder in Städten das Magistrat diese Informationen erteilen können. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Informationen für den Installateur oder Baumeister, oftmals nicht so einfach abzufragen sind.
Die maßgebliche Rückstauebene kann im Einklang der ÖNORM B 2501 auch selbst ermittelt werden. Dazu ist es nötig, dass der genaue Anschlusspunkt des Gebäudes an den Straßenkanal festgelegt wird. Es wird dann entgegen der Flussrichtung des Straßenkanals, an welchen das Gebäude angebunden ist, aufwärts der nächste Kanalschacht mit offenem Gerinne oder Einlaufgitter gesucht. Die Oberkante dieses Schachtes (offener Schachtdeckel) zuzüglich 15 cm stellt die Linie der maßgeblichen Rückstauebene dar. Diese Ebene wird dann auf das Gebäude waagerecht übertragen. Bei starken Hanglagen können dann auch Abflussstellen in höheren Stockwerken als dem Keller oder das Erdgeschoß unter der Rückstauebene liegen. Trotz dem das Abwasser beispielsweise aus dem Erdgeschoss oder höher gelegenen Stockwerken selbstverständlich im freien Gefälle entwässert werden könnte, darf das aber nicht ohne besondere Maßnahmen erfolgen. Es ist jeder Abwasseranschluss, welcher sich unter der maßgeblichen Rückstauebene befindet entweder gegen Rückstau zu sichern oder über eine Hebeanlage in die Kanalisation zu führen, selbst wenn dieser im freien Gefälle abfließen könnte. Denn im Falle eines Kanalrückstaus darf Abwasser aus keinen Anschlüssen im Gebäude, unterhalb der Rückstauebene, austreten. Das Abwasser muss sich soweit anstauen können bis es aus dem Straßenkanaldeckel, welcher bei der Ermittlung der Rückstauebene hervor gegangen ist, austritt. Dabei darf das Abwasser eben aus keinem Abwasseranschluss im Gebäude, unterhalb der Rückstauebene austreten können.
Welche Möglichkeiten stehen zum Schutz gegen Rückstau zur Verfügung:
Um die Möglichkeit eines Rückstaus nach den anerkannten Regeln der Technik zu verhindern, müssen zwischen Abwässer, welche sich zwar unter der maßgeblichen Rückstauebene befinden, aber noch Gefälle zum Straßenkanal vorhanden ist und jene welche nicht mehr im freien Gefälle abgeführt werden können, unterschieden werden.
Wie kann ein Rückstau aus dem Straßenkanalnetz ins Gebäude, normativ richtig, verhindert werden?
…….. wenn noch Gefälle zum Straßenkanal vorhanden ist aber sich Entwässerungs-
gegenstände unterhalb der Maßgeblichen Rückstauebene befinden:
Grundsätzlich sind häusliche Abwässer, welche oberhalb der maßgeblichen Rückstauebene anfallen, im freien Gefälle in die Kanalisation zu entwässern. Es würde aus Sicht der Betriebssicherheit und der Betriebskosten keinen Sinn ergeben Abwässer aus oberen Stockwerken (oberhalb der Rückstauebene) gemeinsam mit Abwässern unterhalb der Rückstauebene über eine Abwasserhebeanlage zu leiten. Diese sind getrennt in die Kanalisation zu führen.
Abwässer, welche unterhalb der Rückstauebene anfallen, sind im Grunde über eine Hebeanlage mit Rückstauschleife oder einer Rückstauhebeanlage ins Kanalnetz zu fördern. Druckleitungen und Abwasserleitungen unterhalb der maßgeblichen
Rückstauebene sind ausschubsicher herzustellen, jedenfalls müssen diese den Druckverhältnissen auch bei Rückstau standhalten.
Wenn Abwässer über eine Hebeanlage geführt werden, fallen für jeden Liter Kosten an. Das auch wenn kein Rückstau vorhanden ist.
Die überarbeitete ÖNORM B 2501 lässt jetzt auch noch die Möglichkeit einer Rückstauhebeanlage zu. Hier werden Abwässer, welche sich zwar unterhalb der maßgeblichen Rückstauebene befinden, aber noch ausreichend Gefälle zum Kanal vorhanden ist, direkt und ohne zu pumpen in den Kanal abgeleitet. Bei Rückstau schließt eine Rückstauklappe und verhindert das Eindringen von Abwasser aus dem Kanalnetz ins Gebäude. Während des Rückstaus werden die anfallenden Abwässer über eine Hebeanlage inkl. Rückstauschleife ins Kanalnetz gepumpt. Hier liegt der Vorteil darin, dass Abwässer selbst unterhalb der Rückstauebene nur dann mittels Fremdenergie in den Kanal gepumpt werden müssen wenn ein Rückstau vorhanden ist.
Wann kann auf eine Hebeanlage oder eine Rückstauhebeanlage verzichtet werden und rein über einen Rückstauverschluss ein Rückstau nach anerkannten Regeln der Technik verhindert werden?
Rückstauverschlüsse können selbstsprechend lediglich dort Anwendung finden, wo noch Gefälle zum Kanalnetz vorhanden ist, sich Abwasseranschlüsse aber unter der maßgeblichen Rückstauebene befinden.
Es müssen alle folgende Voraussetzungen gegeben sein, dass ein Rückstauverschluss alleine
ausreicht:
- Wenn sich Abwasseranschlüsse (Ablaufstellen) in Räumen befinden welche untergeordneter Nutzung sind, d. h. keine besonderen Sachwerte im der Ausbreitungszone des Abwassers vorhanden und die Gesundheit der Bewohner nicht gefährdet wird.
- Wenn der Benutzerkreis klein ist und diesem ein WC auch oberhalb der Rückstauebene zur Verfügung steht.
- Bei Rückstau auf die Benutzung der Ablaufstelle verzichtet werden kann.
Unter solchen Abwasseranschlüssen können beispielsweise ein Mehrzweckbecken, Waschmaschine, rückspülbarer Wasserfilter und dgl. im Keller (keine Wohnkeller) verstanden werden. Anders wäre es bei einem Sicherheitsventil oder einer Thermischen Ablaufsicherung eines Heizkessels und dergleichen. Diese müssen auch bei Rückstau einen gesicherten Ablauf aufweisen und wären daher jedenfalls über eine Hebeanlage mit Rückstauschleife zu führen.
Fäkalienführende Abwasserleitungen dürfen nur mit Rückstauverschlüsse der Type 3 ausgestattet sein. Das sind Rückstauverschlüsse mit einer motorisch betriebenen Verschlussklappe.
…….. wenn kein ausreichendes Gefälle zum Straßenkanal vorhanden ist,
darf im Neubau das anfallende Abwasser lediglich über eine Hebeanlage mit Rückstauschleife in das Kanalnetz gepumpt werden. Es sind dazu naturgemäß die Abwässer unterhalb der Kanalsole klar von jenen oberhalb der Rückstauebene zu trennen und getrennt in die Kanalisation zu führen.
Im Altbestand (Renovierung) darf eine strikte Trennung von Abwässern oberhalb der maßgeblichen Rückstauebene und jener Abwässer unterhalb der Rückstauebene (noch Gefälle zum Straßenkanal vorhanden) dann entfallen, wenn die Trennung der Abwässer aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist. Es müssen dann aber folgende Voraussetzungen geschaffen bzw. gegeben sein:
- Absperrschieber oder Rückstauverschluss der Type 3 gemäß ÖNORM EN 13564-1
- Nur solche Absperrklappen welche im Normalbetrieb (kein Rückstau) mindestens 90% des Kanalrohrquerschnittes öffnen
- Ausreichend dimensionierter Sammelraum (Schacht) mit offenem Gerinne und Überlauf vor dem Absperrschieber zur Hebeanlage
- Optische und akustische Störmeldung bei Ausfall der Pumpe oder Rückstauklappe bzw. Schieber
- Doppelhebeanlage mit zwei gleich großen Pumpen und wechselweisen Betrieb, ab mehr als 5 angeschlossenen Wohneinheiten.
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Der Verfasser:
Erich Mathä
allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger